Meilenstein in Bayern: Geretsrieder Geothermie-Anlage speist erstmals Strom ein

Es ist ei­ne Nach­richt, die weit über die Gren­zen Bay­erns hin­aus Be­ach­tung fin­det: Das ka­na­di­sche Un­ter­neh­men Ea­vor Tech­no­lo­gies hat of­fi­zi­ell da­mit be­gon­nen, Strom aus sei­ner neu­ar­ti­gen Geo­ther­mie-An­la­ge in Ge­rets­ried ins öf­fent­li­che Netz ein­zu­spei­sen. Trotz vor­an­ge­gan­ge­ner Ver­zö­ge­run­gen und tech­ni­scher Her­aus­for­de­run­gen mar­kiert dies ei­nen his­to­ri­schen Mo­ment für die er­neu­er­ba­ren Energien.

Was ist pas­siert? Nach jah­re­lan­ger Pla­nung und Boh­run­gen fließt nun der ers­te Strom. Die An­la­ge in Ge­rets­ried ist das welt­weit ers­te kom­mer­zi­el­le Pro­jekt, das die so­ge­nann­te Eavor-Loop™-Technologie nutzt. An­ders als bei klas­si­scher Geo­ther­mie wird hier kein hei­ßes Ther­mal­was­ser aus der Tie­fe gepumpt.

Die Tech­no­lo­gie: Ein rie­si­ger un­ter­ir­di­scher Heiz­kör­per Das Prin­zip gleicht ei­nem gi­gan­ti­schen un­ter­ir­di­schen Wär­me­tau­scher. Ein Ar­beits­mit­tel zir­ku­liert in ei­nem ge­schlos­se­nen Kreis­lauf (Clo­sed-Loop) durch ki­lo­me­ter­lan­ge Röh­ren tief im Ge­stein, er­hitzt sich dort und treibt an der Ober­flä­che ei­ne Tur­bi­ne zur Strom­erzeu­gung an.

Der Vor­teil: Die Tech­nik funk­tio­niert un­ab­hän­gig da­von, ob man hei­ßes Was­ser fin­det (kein Fün­dig­keits­ri­si­ko) und gilt als grund­last­fä­hig – sie lie­fert al­so rund um die Uhr En­er­gie, un­ab­hän­gig von Wind und Sonne.

Her­aus­for­de­run­gen und Kos­ten Der Weg zum Er­folg war nicht oh­ne Hin­der­nis­se. Ur­sprüng­lich war der Start frü­her ge­plant, doch kom­ple­xe Bohr­ar­bei­ten führ­ten zu Ver­zö­ge­run­gen. Auch die Kos­ten stie­gen deut­lich über die ur­sprüng­lich kal­ku­lier­ten 200 bis 350 Mil­lio­nen Eu­ro. Den­noch hält das Un­ter­neh­men am Aus­bau fest: Ein zwei­ter „Loop” soll be­reits ab März 2026 ge­bohrt werden.

Aus­blick: Wär­me für die Re­gi­on Die Strom­erzeu­gung ist nur der ers­te Schritt. Das ei­gent­li­che Haupt­ziel ist die Ver­sor­gung der Re­gi­on mit Fern­wär­me. Nach dem End­aus­bau (ge­plant sind ins­ge­samt vier Loops) soll die Anlage:

  • ca. 8,2 Me­ga­watt Strom und
  • bis zu 64 Me­ga­watt ther­mi­sche Leis­tung lie­fern. Dies könn­te theo­re­tisch den Wär­me­be­darf von et­wa 30.000 Haus­hal­ten de­cken. Die Stadt Ge­rets­ried plant par­al­lel den Auf­bau ei­nes ent­spre­chen­den Fernwärmenetzes.

Das Pro­jekt in Ge­rets­ried gilt als Leucht­turm für die En­er­gie­wen­de. Es be­weist, dass Tie­fen­geo­ther­mie auch oh­ne Ther­mal­was­ser funk­tio­nie­ren kann – ei­ne Er­kennt­nis, die für die Wär­me­pla­nung vie­ler Kom­mu­nen welt­weit von Be­deu­tung sein dürfte.